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Samstag, 14. Mai 2011

Als kleines Kind dachte ich, alle verstehen mich

Nach der Diagnose: Taubheit und den schlechten Erfahrungen mit HNO-Ärzten geht mein Leben nun weiter:

Ich wurde mit 6 Monate beiderseitig mit Hörgeräte versorgt. Ich verstand nicht, was diese „Dinger“ bedeuten und ziehe sie immer wieder aus und steckte in den Mund. Als wären sie ein Spielzeug. Meine Eltern haben mir mit viel Mühe erklärt, dass sie in den Ohren gehören. Natürlich war es für mich als 6 Monate altes Baby nicht einfach zu verstehen. Nach langem Training, habe ich die Hörgeräte akzeptiert. Meine ersten Worte waren „Mama“, „Oma“ in Deutscher Gebärdensprache. Kurze Zeit später konnte ich auch lautsprachlich „Mama“ und „Oma“ sprechen. Ich war ein aufgewecktes und neugieriges Kind laut meiner Familie, da ich immer alles wissen wollte. Mein Lieblingswort war „warum“. Ich habe Bücher sehr gemocht und wollte gerne oft von meine Eltern (in Gebärdensprache) oder Großeltern (in Lautsprache) vorgelesen werden.

Als ich 3 Jahre alt war, habe ich eine kleine Schwester bekommen. Meine Eltern gingen auch davon aus, dass sie evtl. auch hörbehindert ist. Haben aber mit dem Hörtest erst mal gewartet und informiert lassen, da sie nicht wieder in gleiche Klinik fahren wollen, wo sie mit mir waren. Sie haben dann sich für die HNO-Klinik in Marburg entschieden, denn meine Großeltern riefen dort an und fragten nach, wie die Untersuchung ablaufen würde und waren überrascht: es würde nur einen halben Tag dauern. So sind wir dorthin gefahren und es wurde bei meiner Schwester ebenfalls Schwerhörigkeit festgestellt. Meine Großeltern haben mit der Ärztin gesprochen, da meine Stimme zu hoch ist, obwohl ich fleißig zu Logopädie ging. Sie hat mich dann untersucht und leider festgestellt: meine Hörgeräte, die ich seit 4 Jahre trug, sind komplett falsch eingestellt! Da war meine Familie wütend, denn es konnte meine Hör- und Sprachentwicklung stören. Da die Krankenkasse eigentlich  nur alle 5 Jahre bei Kindern unter 18 Lebensjahren Hörgeräte bezahlt, wird es nicht einfach sein, dass ich wieder neue bekommen werde, erklärte Ärztin. Sie hat sich für mich eingesetzt und einen Brief an die Krankenkasse geschrieben mit Begründung und es hat geklappt. Ich bekam zum 2. Mal in meinem Leben Hörgeräte mit 4 Jahren. Ich habe sie am Anfang nicht ganz akzeptiert, da die Töne, die ich höre, anders waren. Meine Eltern überzeugten mich, dass sie nun richtig sind. Nach paar Wochen akzeptiert ich es und meine lautsprachliche Entwicklung hat sich verbessert.

Ich habe fast alle, egal ob taub oder hörend, immer mit Gebärdensprache angesprochen, denn ich dachte, sie alle verstehen diese Sprache. Mit 4 Jahren ging ich in einen „normalen“ Kindergarten für Hörende in meinem Wohnort. Dafür haben sich meine Eltern entschieden, denn eine Erzieherin beherrschte Gebärdensprache. Dort habe ich erst langsam verstanden, dass mehr per Lautsprache kommuniziert wird und nicht per Gebärdensprache. Ich versuchte mit den anderen Kindern zu kommunizieren. Oft versuchte ich einfach loszureden und hoffte, dass sie mich verstehen. Dabei habe ich einfach so gesprochen ohne Inhalt. Die Kommunikation erfolgte am Anfang also über die Erzieherin. Ein paar Wochen später haben wir, Kinder, unter uns eigene Gebärde erfunden, um uns unterhalten zu können. Das klappte auch ganz gut, sowie zusammen spielen, malen, turnen oder basteln. Außerdem bekommen wir einmal in der Woche Besuch von der Frühförderung. Da wird lautsprachlich spielerisch gelernt. Auch im Kindergarten und da darf ich abwechselnd 1-2 Kinder mitnehmen und wir lernen/spielen zusammen. Die Lehrerin erklärt denen auch, dass ich taub bin und warum bzw. was anders ist, als bei den anderen Kindern.

Fazit: Am Schluss möchte ich sagen, dass ich persönlich finde, dass die Deutsche Gebärdensprache eine Grundlage bzw. Voraussetzung (wie ein Grundbaustein) ist für ein taubes Kind, um sich dann lautsprachlich besser entwickeln zu können als ohne Gebärdensprache. Dadurch wurde auch mein Wortschatz größer, sowie auch meine Bildung und Wissen in anderen Themengebiete. Hiermit möchte ich mich bei meinen Eltern bedanken, dass sie mir diese ermöglichen haben.

Nochmal: die ungestörte Kommunikation zwischen Eltern und taubem Kind beeinflusst ein großes Teil seines Lebens!